Wenn ich ähnliches über Welpen wieder mal irgendwo lese, krampft sich mein Magen zusammen.
Angehende Hundebesitzer können es mitunter kaum erwarten, ihren Welpen bei sich daheim begrüßen zu dürfen. Doch zum Wohle der kleinen Fellnase lohnt es sich, noch ein wenig länger Geduld zu haben.
- Die Tierschutzverordnung besagt, dass gemäß Paragraf 2 (4) die Abgabe vor Vollendung der achten Lebenswoche im Normalfall untersagt ist. Eine Ausnahme tritt nur dann in Kraft, wenn ein Tierarzt der Meinung ist, Hündin und Welpe würden Schaden nehmen, sollten sie nicht vorzeitig getrennt werden.
- Für eine positive Entwicklung der Welpen ist eine spätere Abgabe wichtig.
- Große Hunderassen brauchen immer ein bisschen länger in der Entwicklung als kleine.
Warum ist eine zu frühe Trennung von der Mutter schlecht für Welpen?
Welpen durchlaufen verschiedene Entwicklungsphasen in den ersten Lebenswochen/-monaten.
Die neonatale Phase (oder auch vegetative Phase genannt), umfasst die ersten beiden Lebenswochen der Welpen. Sie sind blind, taub und können auch noch nicht richtig riechen. Sie sind hilflos und daher auf ihre Mutter angewiesen.
Die Welpen verbringen die meiste Zeit des Tages mit Schlafen und wenn sie aktiv sind, ist Säugen die Hauptbeschäftigung. Die Hündin leckt ihre Jungen zur Stimulation der Harnblase und des Darms ab, so dass Urin und Kot abgesetzt wird. Auch wenn die Harnblase und der Darm schon funktionieren, können sich Welpen in den ersten zwei Wochen noch nicht selbst entleeren und sind auf diese Anregung durch die Hundemutter angewiesen.
In der Übergangsphase öffnen sich Augen und Ohren. Das passiert unterschiedlich schnell, bis zum Ende der 3. Woche können alle Welpen hören und sehen.
Die motorische Entwicklung geht rasch voran. Sie lernen sitzen, stehen, gehen und fangen an, mit ihren Geschwistern zu spielen. Die jungen Vierbeiner sind jetzt kontaktfreudiger, sehr neugierig und wagen sich auch aus der Wurfkiste und gehen auf Entdeckungsreisen.
Im Alter von 3-5 Wochen können Welpen knurren, bellen, mit dem Schwanz wedeln und sich (fast) wie ausgewachsene Hunde verhalten. Sie können jetzt selbstständig Urin und Kot absetzen und beginnen (geeignetes) Futter zu fressen.
Bis zum Alter von 4 Wochen wird die Hündin immer wieder die Initiative ergreifen, dass der Nachwuchs säugt. Danach wird sie mit dem Absetzen beginnen. Die Kleinen können jetzt zwar alleine trinken und nach Milch betteln, doch die Mutter wird es immer mehr unterbinden, da es für sie selbst sehr kräftezehrend ist. Mit 5-6 Wochen fressen die Welpen nahezu wie große Hunde.
Die optimale Entwicklung eines Welpen in der Sozialisierungsphase
Die Sozialisierungsphase beginnt ab ca. der 5-7. Lebenswoche und dauert bis zur ca. 20. Lebenswoche an. Rassetypisch variiert der Zeitraum etwas.
Alle Sinne des Hundes sind voll ausgebildet und die Lernfähigkeit ist enorm. Ihr Aktionsradius wird größer und sie testen permanent ihre Grenzen aus. Erwachsene Hunde weisen die Welpen nun konsequent in ihre Schranken und zeigen ihnen deutlich, was erlaubt ist und was zu unterlassen ist.
Das spielerische Verhalten der Welpen nimmt deutlich zu und sie lernen über ihre Körpersprache zu kommunizieren und auch angemessen auf die Körpersprachen von Artgenossen und Menschen zu reagieren.
Ein gut sozialisierter Hund entwickelt sich in der Regel zu einem friedfertigen Hund, der aufgeschlossen mit anderen Hunden, Kindern und Erwachsenen umgeht.
Da die Lernfähigkeit des Welpen in dieser Phase eben so extrem ausgebildet ist, sollte der Hund in dieser Zeit viel an positiver Erfahrung machen können. Positive Lernerlebnisse sorgen für die optimale Entwicklung des Gehirns.
Trennung von der Mutter und Wechsel zur neuen Familie
Wann ist der richtige Zeitpunkt den Welpen in sein neues zu Hause zu holen?
In der 8. Woche ist die Freund-Feind-Orientierung noch sehr ausgeprägt und der Welpe ist vorsichtig. Er könnte verunsichert sein und ängstlich werden, gerade wenn er jetzt in eine neue, ihm unbekannte Umgebung ziehen soll.
Es kann sich durchaus lohnen, noch zwei weitere Wochen auf das neue Familienmitglied zu warten.
Zieht der Welpe in sein neues Heim, ist er von den anderen jungen Hunden getrennt. Diese Trennung unterbricht den Lernprozess unter Gleichaltrigen, weshalb eine gute Welpenschule sehr zu empfehlen ist.
Korrekterweise macht der Züchter die Welpen mit allmöglichen Umweltgeräuschen behutsam bekannt. Die kleinen Hunde werden desensibilisiert und lernen Geräusche wie Staubsauger, Mixer, Rasenmäher, Knistergeräusche, etc. kennen.
Es ist aber auch sehr wichtig für die Welpen verschiedene Menschen kennenzulernen. Rollstuhlfahrer, Menschen mit verschiedenen Gehhilfen, Jogger, Radfahrer, Skater, etc., Der junge Hund lernt, sie als unbedenklich einzustufen und sie nicht später aus Angst und Unsicherheit anzubellen.
Dieses ganze Training müssen dann die neuen Besitzer auch fortführen.
Warum ist der beste Zeitpunkt der Trennung bei Welpen nicht immer gleich?
Es gilt im Einzelfall individuell abzuwägen, ob der Welpe lieber früher vom Züchter abgeholt wird, weil er dort zu wenig Reize und Lernmöglichkeiten erhält. Oder ob der neue Besitzer eher ängstlich agiert und den Welpen glaubt beschützen zu müssen und unbewusst verhindert, dass der Hund in seiner neuen Umgebung ausreichend Erfahrungen sammeln kann.
Beide Situationen wären nicht gut für die weitere Entwicklung des Welpen. Er braucht die körperliche und geistige Herausforderung und gleichzeitig die Sicherheit, dass die neuen Menschen sich wie echte Leittiere mit klarer Struktur verhalten.
Für den Besitzer ist es allerdings wichtig, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Welcher Typ Hundebesitzer bin ich: souverän, cool, hektisch, ängstlich, hysterisch?
Lieber sich Hilfe in einer Welpenschule holen und 1x mehr Nachfragen, als später mühsam Fehler vom Start zu korrigieren.
Als ausgebildete Tierpsychologin liegt mir das Wohl der Vierbeiner sehr am Herzen – von Anfang an.